Aktenzeichen 9/11 ungelöst

Verschwörungstheoretische Anmerkungen zum 4. Jahrestag der Terroranschläge

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Als mich heute vor vier Jahren am frühen Nachmittag ein Freund anrief und aufforderte, den Fernseher einzuschalten, verfolgte ich diese Ereignisse mit Erstaunen und Entsetzen, wie Millionen von Zuschauern auf der Welt auch. Als irgendwann nach 1-2 Stunden zum ersten Mal der Name Osama Bin Laden fiel, machte es bei mir „klick“ – nicht weil ich mich mit diesem Herrn und dem „islamistischen“ Terrorismus besonders intensiv beschäftigt hätte, sondern weil ich mich wunderte, wie schnell er als „mastermind“ in Verdacht geraten war.

Einige Monate zuvor hatte ich begonnen, an einem Buch über Verschwörungen und Verschwörungstheorien zu arbeiten und mir an diesem Morgen gerade eine Notiz gemacht : "Verschwörungstheorien reduzieren komplexe Zusammenhänge auf einen Sündenbock und sind deshalb als Mittel der Verdummung und der Propaganda überaus wirkungsvoll und erfolgreich." Jetzt schien mir dieses Phänomen gleichsam auf freier Wildbahn zu begegnen, und tatsächlich wuchs sich die Chiffre „Bin Laden“ in den folgenden Stunden zu einer leibhaftigen Verschwörungstheorie aus.

Da zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beweise vorlagen, dass eine reale Verschwörung mit Bin Laden als Mastermind für den Anschlag verantwortlich war, schrieb ich unter dem Titel „WTC-Conspiracy“ einige „verschwörungstheoretische Anmerkungen“. Dass daraus eine über 60-teilige Serie in „Telepolis“ werden sollte, sowie ein von meinem ursprünglichen Konzept völlig abweichendes Buch, war zu diesem Zeitpunkt in keiner Weise abzusehen; genauso wenig hatte ich selbst irgendeine Theorie oder Hypothese entwickelt. Nur dass es sich bei der aus dem Hut gezauberten These „Osama war’s!“ um eine Verschwörungstheorie handeln dürfte, das schien mir aus der Perspektive, die ich zufällig und arbeitsbedingt in den Monaten zuvor eingenommen hatte, von Anfang an offensichtlich.

Die Elefantenspuren, die die verdächtigen Hijacker in hinterlassen hatten – ein Koran im Mietwagen, Testament und Fluganleitungen auf Arabisch usw. – passten dann auch eher in einen simplen Vorabendkrimi, als in eine ausgeklügelte und komplizierte Terror-Operation. Diese Ungereimtheiten wurden dann aber in der Folge nicht geklärt, sondern erweiterten sich rasch zu einer langen Liste mit ungeklärten Fragen.

Zwar war zur Fahndung nach den Hintermännern „die größte polizeiliche Ermittlung aller Zeiten“ (FBI) gelaufen, von Aufklärung aber konnte nach wie vor keine Rede sein. Nicht einmal die genau Identität der Täter war geklärt, geschweige denn ihr „Mastermind“ identifiziert – der „war on terror“, den die US-Regierung ausgerufen hatte, diente nicht der Ergreifung der Verantwortlichen, sondern der Durchsetzung einer außenpolitischen Agenda. Dies war zum ersten Jahrestag der Ereignisse offensichtlich(20 Lektionen des 11.September) - und dass die nach 18 Monaten auf öffentlichen Druck eingerichtete Untersuchungskommission nicht der Aufklärung der Tat, sondern der Zementierung der Osama-Legende dienen würde, machte schon die von Bush handverlesene Zusammensetzung der Mitglieder klar. Der im letzten Jahr dann veröffentlichte knapp 600-seitige Commission-Report wurde denn auch zu einem „Omission“ (Auslassungs-)Report und machte dem zum selben Zeitpunkt erschienen neuen Harry Potter als Bestseller Konkurrenz (Harry Plotter und die Teppichmesser des Schreckens).

So kommt es, dass der Massenmord des 11.9. auch nach vier Jahren kaum tiefer aufgeklärt ist als nach vier Tagen. Dass es den Gerichten, etwa in Hamburg, aufgrund der bestehenden Beweislage schwer gefallen ist, die verdächtigten Helfer der Terroristen zu verurteilen, ist insofern nicht verwunderlich: Wo nicht einmal die Durchführung des Verbrechens selbst geklärt ist, kann schlecht jemand wegen Beihilfe verurteilt werden…

LIHOP und MIHOP

Wenn aber die Legende von Osama und den 19 Räubern als autonome Alleintäter nach wie vor eine Verschwörungstheorie ist, die im Kern nicht auf Fakten und gerichtsfesten Beweisen, sondern auf Gerüchten und Phantom-Zeugen beruht - wer war es dann?

Auch dazu kann es angesichts der Beweislage nur Verschwörungstheorien geben und hier kommen nur zwei mögliche alternative Szenarien – „Let it happen on purpose“ (LIHOP), also ein Geschehenlassen der Anschläge, weil sie ins politische Konzept passten, bzw. „Make it happen…“ (MIHOP), also aktive Nachhilfe und Beteiligung durch Militär- und Geheimdienstkreise. Dass sich bei Atta & Co in der Hamburger Marienstraße und später in den USA zahlreiche westliche Geheimdienste quasi die Klinke in die Hand gaben, dass der deutsche Verfassungsschutz und BKA in die „Observation“ ebenso involviert war wie CIA und Mossad, ist ebenso gut dokumentiert wie die Dutzenden von Vorwarnungen über den Plot, die die US-Regierung erhalten hatte. Die Schlapphüte waren also seit 1998 bis kurz vor den Anschlägen dicht dran an den späteren „Hijackern“. Fragt sich eben nur, und das macht den Unterschied von LIHOP und MIHOP aus, wie dicht – und ob sie bei diesen Diensten nur auf der „watch-list“ oder auf der „pay-roll“ standen, also ob es sich um tödliche Geheimdienstfehler oder um einen tödlichen Geheimdiensterfolg handelte?

Angefangen von der Freizügigkeit, die sie bei der Visa-Erteilung genossen, über die blockierten Ermittlungen lokaler FBI-Agenten gegen verdächtige „Flugschüler“ bis zu ihren bescheidenen Flugkünsten, die Manöver wie die der vier Todesmaschinen äußerst unwahrscheinlich machen, scheint mir mittlerweile wenig für die LIHOP-These zu sprechen Sie kann nicht erklären, warum das „Fenster“ der ausbleibenden Luftabwehr so lange geöffnet war, warum die Fluglotsen am Morgen des 11.9. nicht nur einmal, sondern gleich vier Mal versäumten, rechtzeitig Abfangjäger anzufordern, warum mit den Twin Towers und dem 50-stöckigen WTC 7 zum ersten Mal in der Baugeschichte Stahlskelett-Hochhäuser durch einen Brand einstürzten usw.

Ohne Mithilfe am Boden, ohne Kenntnisse der Militär-Manöver (Die Wargames des 11. September) , die an diesem Morgen zufällig stattfanden und bei denen „zufällig“ die Entführung von Zivilmaschinen geübt wurde, ist das Chaos der Luftabwehr eigentlich nicht zu erklären. Als der erste Turm schon brannte, war für die Fluglotsen die AA 11 noch in der Luft. Das Objekt, das sie auf dem Radarschirm eine Stunde später auf das Pentagon zurasen sahen, hielten sie wegen der ungewöhnlichen Flugmanöver für ein Militärflugzeug und mehrfach wurde an diesem Morgen von Fluglotsen gefragt: „Ist das jetzt eine Übung oder echt?“ Vieles scheint mir darauf hinzudeuten, dass die „wargames“ am Morgen des 11.9. „gehijacked“ wurden – aber nicht von den 19 Hijackern, die davon gar nichts wissen konnten, sondern im Rahmen einer geheimen militärischen Operation, bei der nicht nur die vier Maschinen, sondern weitere Flugzeuge involviert waren, die als Doubletten fungierten und so für die Verwirrung bei FAA und NORAD sorgten.

Able Danger

Bewiesen ist die MIHOP-Hypothese bis heute natürlich genausowenig wie die beiden anderen Verschwörungstheorien, aber ein Tribunal oder ein unabhängiges Gericht, das die Ermittlungen der Anschläge neu aufrollen würde, käme um eine weitere Untersuchung dieses Verdachts nicht umhin. Zumal nach den jüngsten Veröffentlichungen zu dem Geheimdienstprogramm „Able Danger“, in dessen Rahmen Mohamed Atta und drei weitere spätere „Hijacker“ angeblich schon im Frühjahr 2000 als verdächtige Terrorzelle identifiziert wurden.

Nach Oberst Tony Shaffer, der in verschiedenen Medien berichtet hat, mit welch massiven Mitteln der Datensammeltrupp des militärischen Geheimdiensts davon abgehalten wurde, die Erkenntnisse über Atta & Co. dem FBI mitzuteilen - "I was directed several times [to ignore Atta], to the point where he had to remind me he was a general and I was not ... [and] I would essentially be fired.“, so Shaffer gegenüber Fox News – haben weitere Offiziere bestätigt, dass diese Erkenntnisse über Atta & Co. tatsächlich vorhanden waren und dass er persönlich auch die 9/11-Untersuchungskommission darüber informiert hat. Diese hatte nach den ersten Veröffentlichungen über „Able Danger“ zuerst behauptet, davon nichts zu wissen und dann ein Statement abgegeben, man habe die Informationen als irrelevant und nicht von historischer Bedeutung angesehen – und außerdem sei der Name Attas nicht enthalten gewesen.

Eben darauf bestehen aber die beiden „whistleblower“, auch gegen die Behauptung ihres Arbeitgebers im Pentagon, dass dort keine „Able Danger“-Unterlagen gefunden worden seien, in denen Atta benannt würde. Der republikanische Abgeordnete Curt Weldon, der die Geschichte über den geheimen „data-mining“-Trupp und die Blockade der Weitergabe seiner Erkenntnisse an das FBI an die Öffentlichkeit brachte, kündigte unterdessen an, dass 8 bis 12 weitere Zeugen existieren, die Shaffers Behauptungen bestätigen: „Dies ist die Geschichte über den Mord an 3000 Menschen. Und sie muss erzählt werden.“

In der Tat – doch wie diese Geschichte bisher erzählt wird, ist interessant. Es sind vor allem rechtslastige Medien von Fox-News bis hin zu dem Radio-Moderator und Bush-Propagandisten Rush Limbaugh, die die „Able Danger“-Geschichte in den letzten Wochen hochgekocht haben. Mit dem Spin, sie der Clinton-Regierung in die Schuhe zu schieben. Dagegen hat das Neo-Con-Kampfblatt „Weekly Standard“ sicher auch nichts einzuwenden, bemüht sich aber seinerseits noch um einen anderen Dreh, um mit „Able Danger“ die von ihm inbrünstig beschworenen WMD des Irak, die Verbindungen von „al-Qaida“ und Saddam und Attas angeblichen Besuch in Prag noch einmal aufzuwärmen.

Der Kampf der Spindoktoren

Während die Neo-Con-Ideologen die „Able Danger“-Geschichte also in eine Richtung drehen, die ihre geplatzten Kriegslügen doch noch irgendwie retten soll, bemühen sich andere Spin-Doktoren der Bush-Lagers weiter um den Dreh auf Clinton und die Demokraten, auch der notorische Oliver North – einst „Iran-Contra“-Koordinator der Waffen-und Drogengeschäfte des Weißen Hauses unter Bush senior – meldete sich in dieser Richtung zu Wort.

Unterstützung erhält dieser Spin durch die Anfang August freigegebenen und von der konservativen Initiative Judical Watch veröffentlichten geheimen Dokumente, nach denen die Clinton- Regierung schon 1996 über die Drohungen Osama Bin Ladens informiert war und es versäumte, etwas gegen ihn zu unternehmen. Nun ist das ein fast ebenso alter Hut wie die Tatsache, dass Bin Laden und seine heiligen Krieger einst als verlängerter Arm der Reagan/Bush-Regierung installiert wurden und den USA noch in Bosnien als Alliierter dienten. Ein Fakt, der freilich in den USA nicht allzu publik gemacht wurde, weshalb der Schwarze-Peter-Spin auf Clinton halbwegs funktioniert: Hätten die „Demokraten“ Bin Laden damals nicht laufen lassen, hätten sie nicht „Mauern“ zwischen Geheimdiensten und Polizei errichtet, wäre das alles nicht passiert… Erst Bush hat mit dem „Patriot Act“ diese Mauern wieder eingerissen, weshalb solche „Geheimdienstfehler“ in Zukunft nicht mehr vorkommen…

Dass von diesem Spindoktor vs. Spindoktor-Kampf nun die wirkliche Aufdeckung der Verschwörung des 11.9. ausgeht, ist allerdings zweifelhaft – er belegt nur einmal mehr, dass hinter der Nicht-Ermittlung vor und nach den Anschlägen nicht eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen zu stecken scheint, sondern System, dass die Anschläge vom 11.9. ohne aktive Hilfe von amerikanischer Seite einfach nicht durchführbar waren und es sich bei diesen nicht um authentischen, sondern um synthetischen Terrorismus handeln könnte. Dass dazu eine Riesenverschwörung mit hunderten Beteiligten (von denen längst einer „gesungen“ hätte) nötig gewesen wäre, dieses Argument der „großen Zahl“ wird von der offiziellen Version selbst widerlegt, nach der ja nur ein irrer Osama , eine afghanische Höhle und 19 Fanatiker dafür nötig waren.

Ein weiterer Einwand – dass „demokratische“ Regierungen nicht so kaltblütig sein können, ihre eigenen Landsleute in den Tod zu schicken – scheint nach dem Desaster in Louisiana ebenfalls nicht mehr so zugkräftig, nachdem sich ein Grund für die tagelang ausbleibenden Rettungsmaßnahmen abzeichnet: sie wurden unter anderem auch deswegen vier Tage lang blockiert, weil das Weiße Haus von der Gouverneurin die Übergabe von New Orleans erzwingen wollte.

Wieviele Opfer dieser Machtpoker gekostet hat, ist noch nicht bekannt, dass es aber mehr sind als am 11.9.2001 und dass die eigentliche Katastrophe nicht der Sturm und die Flut, sondern die ausbleibende Hilfe war, zeichnet sich ab. Dass sie eine Woche nach der ersten Anforderung dann eintraf, verdankt sich den Mainstream-Medien, die dieses Mal (zufällig & ausnahmsweise) auf Seiten der Opfer „embedded“ waren und aus deren Perspektive berichteten. Für Momente blitzte in diesen Tagen auf, was Journalismus jenseits von Spin und Propaganda sein kann - und was er erreichen kann, wenn die Medien zu authentischer Berichterstattung zurückfinden. Erst wenn dies auch bei den Verbrechen des 11. September geschieht, kann auch Aktenzeichen 9/11 gelöst werden.