Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) soll seine Partei als Kanzlerkandidat in die nächste Bundestagswahl führen. "Jetzt ist es raus: Auf Vorschlag unserer Vorsitzenden haben mich Präsidium und Vorstand der SPD gerade einstimmig als Kanzlerkandidaten nominiert", twitterte Scholz selbst. Zuvor hatten mehrere Zeitungen über diese Personalie berichtet.

Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken gaben dies via Twitter bekannt. "Olaf hat den Kanzler-Wumms", schrieb sie. "Wir freuen uns auf einen großartigen und erfolgreichen Wahlkampf." Scholz selbst erklärte, er freue sich auf einen "tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team".

Dass Scholz kandidieren würde, war lange vermutet worden, auch wenn der Vizekanzler in der Partei umstritten ist. "Wir wissen, dass diese Entscheidung für einige eine unerwartete Wendung darstellt", schrieb Esken auf Twitter. "Wir bitten um Vertrauen in unseren Weg. Wir sind entschieden, diesen Weg gemeinsam zu gehen."

"Enger Schulterschluss"

Esken und Walter-Borjans galten lange als Gegner von Scholz, setzten sich im vergangenen Jahr bei der Wahl des Parteivorsitzenden auch gegen ihn durch. Seitdem habe es einen "engen Schulterschluss" und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Parteispitze, Fraktionsführung und den sozialdemokratischen Ministern gegeben, hieß es.

"In dieser engen Zusammenarbeit haben wir Olaf Scholz als einen verlässlichen und am Team orientierten Partner erlebt, der für sozialdemokratische Politik für dieses Land kämpfen kann und will und der mit uns die Vision einer gerechten Gesellschaft teilt."

Scholz ist bei der Bevölkerung Umfragen zufolge der beliebteste SPD-Politiker und hatte sich in der Corona-Krise mit beherztem Handeln profiliert. Als Finanzminister war er für die milliardenschweren Hilfspakete verantwortlich. Kritik an ihm kam in der Vergangenheit vor allem vom linken Flügel der SPD.

Hoffen auf Rot-Rot-Grün

In Umfragen ist die SPD derzeit drittstärkste Kraft hinter Union und Grünen. Die Union hatte in der sogenannten Sonntagsfrage im ARD-Deutschlandtrend zuletzt 38 Prozent erreicht. Die Grünen kommen danach auf 18 und die SPD auf 15 Prozent. Sowohl Walter-Borjans als auch Esken hatten am Wochenende in Interviews deutlich gemacht, dass sie nach der nächsten Wahl ein rot-rot-grünes Bündnis anstreben. Die SPD wolle "die führende Kraft in einem Regierungsbündnis werden, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt stellt", sagte Walter-Borjans weiter. Die große Koalition sei dafür keine Grundlage.

Nach derzeitigem Stand würden allerdings eher die Grünen in einer solchen Koalition den Kanzler oder die Kanzlerin stellen. Esken hatte auch diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen. Noch fehlt für eine solche Option aber eine Mehrheit, da die Linken als dritte im Bunde in Umfragen nur auf sieben bis neun Prozent kommen. Aus Sicht der Linken könnte die Kandidatur von Scholz ein solches Bündnis zudem erschweren, da sie in ihm ebenso wie der linke der Flügel SPD einen Vertreter der Politik des Sozialabbaus während der rot-grünen Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sehen.