Heimliche Gesichtserkennung: Texas will Meta in den Bankrott klagen

Instagram wertet Fotos heimlich biometrisch aus, und Facebooks Gesichtserkennung war sowieso illegal. Diese Vorwürfe erhebt Texas in einer Klage.

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Halbes Gesicht einer weißen Frau, darüber gelegt symbolische Rasterung - rechts davon die Flagge Texas'

(Bild: Fractal Pictures/Shutterstock.com/Daniel AJ Sokolov)

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Texas verklagt Meta auf tausende Milliarden US-Dollar, weil Meta mit automatischer Gesichtserkennung milliardenfach gegen texanisches Recht verstoßen haben soll. Die Vorwürfe richten sich gegen Facebook, das seit über einem Jahrzehnt hochgeladene Fotos automatisch biometrisch gerastert hat, sowie gegen Instagram: Die Foto-Plattform soll einerseits versprechen, vor Einführung von Gesichtserkennung zu warnen, tatsächlich aber heimlich alle hochgeladenen Bilder der konzerneigenen Gesichtserkennung unterziehen.

Dem nicht genug, Meta soll biometrische Daten auch noch mit Dritten teilen. Facebook hat automatische Gesichtserkennung 2010 eingeführt; erst im Herbst 2021 hat Meta damit begonnen, Facebooks Gesichtserkennungsprofile zu löschen. Dem war ein 650 Millionen Dollar teurer Vergleich vorausgegangen: Wegen Gesichtserkennung zahlt Meta 350 US-Dollar an jeden Nutzer in Illinois.

Worauf sich der Vorwurf der heimlichen Rasterung aller Instagram-Bilder gründet, ist der am Valentinstag veröffentlichten Klage des texanischen Justizministers nicht zu entnehmen. Meta stellt die Anschuldigungen der Klage in Abrede: "Diese Vorwürfe sind unbegründet, und wir werden uns energisch verteidigen", teilt der Konzern heise online mit. Die Klage heißt The State of Texas v. Meta Platforms und ist unter dem Az. 22-0121 am Bezirksgericht Harris County anhängig.

Texas' Justizminister Ken Paxton, ein Republikaner, stützt seine Klage auf zwei Gesetze des US-Staates: Ein Verbraucherschutzgesetz, das bestimmte irreführende Angaben verbietet, und ein Gesetz, das die Erfassung biometrischer Daten ohne Vorab-Information und wirksame Zustimmung Betroffener untersagt. Legal gesammelte Biometriedaten dürfen nicht weitergegeben werden und sind zeitnah zu löschen. Klage dürfen die Bürger nach dem Biometriegesetz aber nicht erheben, das darf nur der Justizminister. Und das tut Paxton jetzt.

Facebook habe über ein Jahrzehnt alle hochgeladenen Antlitzfotos biometrisch ausgewertet, ohne texanische User im Voraus zu informieren und ohne wirksame Zustimmung eingeholt zu haben: "Facebook omnipräsentes Imperium wurde auf Irreführung, Lügen und frecher Misshandlung der Datenschutzrechte der Texaner aufgebaut – alles für den wirtschaftlichen Gewinn Facebooks", zürnt die Klageschrift.

Die gewonnenen biometrischen Daten hat Facebook laut Klage nicht nur nicht gelöscht, obwohl das rechtlich geboten sei, sondern auch noch verbotenerweise an Dritte weitergereicht, ohne das offenzulegen. Betroffen sind davon auch viele Menschen, die bewusst keine Facebook-Dienste nutzen. Sobald ein Dritter ein Foto eines Facebook-freien Menschen hochgeladen hat, wurde es gerastert.

Im Unterschied zu Facebook verspricht Konzernschwester Instagram, hochgeladene Bilder keiner automatischen Gesichtserkennung zu unterziehen: "Sollten wir Gesichtserkennungstechnik (…) einführen, werden wir Sie das im Voraus wissen lassen, und Sie werden Kontrolle darüber haben, ob wir diese Technik für Sie verwenden", zitiert die Klage Instagram, und fügt hinzu: "Nichts davon ist wahr." Meta "hat alle bei Instagram hochgeladenen Fotos heimlich seiner Gesichtserkennungstechnik unterzogen, ohne dass Instagram-Nutzer (oder Nicht-Nutzer) davon erfahren könnten, von einer Abwehr der Ernte ihrer Gesichtsgeometrie ganz zu schweigen", wirft Texas dem Datenkonzern vor.

Begehrt wird ein Unterlassungsurteil gegen Meta, der Auftrag zur Löschung aller texanischen Biometriedaten und der damit trainierten Algorithmen, Abschöpfung aller erlangten Vermögensvorteile, und zivilrechtliche Strafen von 25.000 Dollar pro Verstoß gegen das Biometriegesetz sowie von 10.000 Dollar pro Verstoß gegen das Verbraucherschutzgesetz, zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten. Paxton schätzt, dass Facebook vergangenes Jahr 20,5 Millionen Nutzer in Texas hatte.

Sollten die Vorwürfe zutreffen und jeder texanische Facebook-User nur ein einziges Gesichtsbild hochgeladen haben, würde die Summe der Strafen den Börsenwert Metas von knapp 600 Milliarden US-Dollar deutlich übersteigen. Texas wäre saniert.

Neben Meta hat auch Clearview AI eine Datenbank mit Milliarden biometrischen Profilen aus Gesichtsbildern aus dem Internet angelegt. Im Unterschied zu Meta macht Clearview keine Anstalten, vom Verkauf dieser Daten abzulassen. Tausende US-Behörden sollen Kunden sein. Dass Paxton auch Clearview AI verklagen will, ist nicht bekannt.

(ds)