Schutz für unter 16-Jährige: Kann man bald nur noch mit laufender Kamera Pornos schauen?

Publiziert

Schutz für unter 16-JährigeKann man bald nur noch mit laufender Kamera Pornos schauen?

Die Politik will Teenager besser vor Pornos schützen. In Deutschland soll eine Gesichtserkennungssoftware zum Einsatz kommen. Das stösst auch bei Schweizer Politikern auf Anklang.

Darum gehts

Pornos sind in der Schweiz für Personen unter 16 Jahren verboten. Trotzdem gibt es kaum Schutzmassnahmen, Websites wie Pornhub oder xHamster sind ohne Alterskontrolle zugänglich. Dieses Problem haben auch andere Länder. In Deutschland soll schon bald eine Gesichtserkennungssoftware, die mit künstlicher Intelligenz lernt, Abhilfe schaffen.

Wer Pornos schauen will, muss also womöglich bald zuerst die Web- oder die Selfiecam einschalten. Die Software erkennt, wie alt der Nutzer oder die Nutzerin ist. «Der Einsatz von KI hält in sämtliche Bereiche des Lebens Einzug», sagt Marc Jan Eumann, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), gegenüber dem Nachrichtenportal «Euractiv». Die KJM ist die zentrale Aufsichtsstelle für den Jugendschutz im privaten bundesweiten Fernsehen sowie im Internet.

Dass KI nun auch zum Schutz von Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden könne, sei ein wichtiger Schritt. «Das ist der nächste Meilenstein im technischen Kinder- und Jugendmedienschutz.» Um sicherzugehen, soll eine «Pufferzone» geschaffen werden: Zugriff auf Websites mit Inhalt für über 18-Jährige soll nur erhalten, wer von der KI als 23 Jahre alt eingestuft wird.

«Ist es die beste Lösung, müssen wir es prüfen»

Auch in der Schweiz stösst diese Lösung auf offene Ohren: «Wir brauchen endlich eine Lösung, die funktioniert. Ist die Gesichtserkennung die bestmögliche Lösung, dann muss man diese ernsthaft in Betracht ziehen – unter Wahrung des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte», sagt Yvonne Feri, SP-Nationalrätin.

Deshalb fordert die Präsidentin von Kinderschutz Schweiz, den Schutz durch künstliche Intelligenz genauer zu untersuchen. Auch Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy befürwortet die Technologie grundsätzlich, sollte es technisch einwandfrei möglich sein: «Man muss sehr gut analysieren, ob es bezüglich Datenschutz Probleme geben könnte. Wäre es aber die beste Lösung, muss diese weiterverfolgt werden.» Eine pragmatische Lösung fordert auch Corina Wirth, Geschäftsführerin von Public Health Schweiz: «Es kann nicht sein, dass Kinder und Jugendliche problemlos Zugang zur Internetpornografie haben», sagte sie kürzlich gegenüber 20 Minuten. 

Eine mögliche Option ist die Gesichtserkennung auch für die SVP-Nationalrätinnen Verena Herzog, Stefanie Heimgartner und Therese Schläpfer. «Ich sehe einfach Probleme in der Umsetzung und in der Praxis», sagt Heimgartner. Sie sind aber der Meinung, dass man die Resultate, die Deutschland mit der KI erzielt, erst beobachten soll, bevor die Schweiz grosse finanzielle Mittel dafür einsetzt. 

«Heute am Flughafen, morgen beim Porno, übermorgen beim Alkohol»

Skeptisch gegenüber steht dieser Idee Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei: «Technisch umsetzbar ist das sicher. Fraglich ist, ob es den gewünschten Nutzen bringt oder ob es nicht eher darum geht, biometrische Daten zu sammeln.» Ananiadis kritisiert, dass mit solchen Versuchen schleichend mehr Überwachung eingeführt werde: «Heute braucht es die Fingerabdrücke am Flughafen, morgen die Gesichtserkennung für Pornografie oder Weinbestellungen und übermorgen finden sich unsere ganzen biometrischen Daten in einem Hack oder Leak. Das ist eine gefährliche Entwicklung.»

Ananiadis hat auch grosse Fragezeichen bei der Umsetzung: «Die empfohlenen Anbieter scheinen nicht alle seriös und zur Sicherheit unserer biometrischen Daten wird von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) nicht ein Wort verloren. Heute werden viele Filmchen auch über Apps geteilt und da ist eine solche technische Kontrolle nicht machbar.» Für Ananiadis ist die Alterskontrolle insgesamt ein «beschämender Ansatz»: «Anstatt Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Pornografie zu zensieren, müssen wir die gesamte Gesellschaft im Umgang damit und in digitaler Medienkompetenz schulen, auch Eltern und Politiker.»

«Der Datenschutz wäre theoretisch gewährleistet»

Deine Meinung

279 Kommentare