Linux installieren? Warum sich das Betriebssystem nicht nur für Computer-Nerds lohnt

Informatiker Mario Haustein arbeitet mit dem Betriebssystem Linux im Rechenzentrum der TU Chemnitz.

Informatiker Mario Haustein arbeitet mit dem Betriebssystem Linux im Rechenzentrum der TU Chemnitz.

Köln. Linux. Was war das noch gleich? Genau: Das Betriebssystem mit dem Pinguin als Symboltier. Auf privaten Rechnern läuft Linux eher selten, aus einfachem Grund: „Der normale PC-Nutzer kauft seinen Rechner in der Regel mit einem vorinstallierten Betriebssystem wie Windows und hat meist keinen Anreiz, sich die Arbeit zu machen und Linux zu installieren“, erklärt Keywan Tonekaboni vom „c‘t“-Fachmagazin.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Betonung liegt auf meist. Denn es gibt vier gute Gründe, sich den Pinguin auf den Rechner zu holen:

1. Grund: Freiheit und Flexibilität

„Bei Linux steht die Freiheit des Nutzers im Vordergrund“, meint Matthias Wellendorf vom Portal www.Inside-digital.de. Jeder könne das System im Prinzip nach seinen Vorstellungen umprogrammieren oder weiterentwickeln. „Frei bedeutet dabei auch kostenfrei. Das Betriebssystem kann kostenlos heruntergeladen und auf beliebig vielen Computern installiert werden“, sagt Wellendorf.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

So gibt es auch Arbeitsoberflächen, die sich optisch und von der Bedienung her nur wenig von Windows unterscheiden. „Im Grunde besteht Linux aus einer Reihe von Einzelteilen. Die Basis ist der Kernel, der Kern des Betriebssystems, der mit anderen Komponenten wie etwa der grafischen Oberfläche kombiniert wird. Diese Kombination wird dann als Distribution bezeichnet“, erklärt Wellendorf.

Das Gute: Linux-Distributionen für Jedermann gibt es schon seit Jahren. „Als einsteigerfreundliche Distributionen gelten Ubuntu, Mint und Manjaro“, sagt Wellendorf. „Sie sind leicht zu handhaben, bringen eine breite Hardware-Unterstützung mit und zeichnen sich durch ein großes Software-Angebot aus.“ Einen Überblick über verfügbare Linux-Distributionen bietet die Seite www.distrowatch.com.

Das nutzerfreundliche Manjaro etwa bringt Office-Paket, Mailprogramm, Browser, Videoplayer, Bildbearbeitung und vieles mehr gleich mit. Was fehlt, lässt sich leicht nachinstallieren. „Für jedes Problem gibt es eine Software-Lösung“, ist sich Matthias Wellendorf sicher.

2. Grund: Sicherheit und Datenschutz

Ein wichtiger Sicherheitsvorteil von Linux: Ein installiertes Office-Paket wie etwa Libre Office sei längst nicht so verzahnt mit dem Betriebssystem wie etwa Microsofts Office mit Windows, erklärt Keywan Tonekaboni. Die berühmt-berüchtigten Viren in Office-Dokumenten könnten Linux beispielsweise nichts anhaben.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Was wäre, wenn Facebook seine Dienste in Europa abschaltet?

Der Facebook-Konzern Meta droht mit einem Rückzug aus der EU. Was wäre, wenn der Konzern dies tatsächlich wahr machen würde?

Und auch vor anderer Schadsoftware ist man als Linux-Nutzerin oder -Nutzer bestens geschützt. „Weil die Nutzerzahlen gering sind, existiert praktisch keine Malware für Linux“, sagt Hubert Popiolek von „Computer Bild“. Deshalb könne man bei Linux komplett auf Antiviren-Software verzichten. Das spare Rechenleistung. Auch die Privatsphäre sei unter Linux besser geschützt, sagt Popiolek. Datensammelei gebe es dort nicht.

Was viele nicht wissen: Linux ist zwar kein Stammgast auf Privatrechnern, aber im Alltag deutlich verbreiteter, als man vermuten würde. „Das Smartphone-Betriebssystem Android beispielsweise basiert auf Linux, wie auch viele Internetdienste auf Linux-Servern laufen oder Smart-Home-Geräte unter der Haube Linux verwenden“, sagt Tonekaboni.

3. Grund: Test und Parallelbetrieb ohne Risiko

Linux lässt sich einfach ausprobieren, und zwar ohne eine einzige Veränderung am Rechner. Das geht so: Auf der Projektseite der gewünschten Distribution, etwa Manjaro, das Betriebssystem als sogenanntes Image (ISO-Datei) herunterladen. Dieses dann mit Hilfe eines sogenannten Flash-Tools, etwa Etcher, auf einen mindestens vier Gigabyte (GB) großen USB-Speicherstick übertragen. Anleitungen finden sich etwa auch auf Youtube.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Anschließend kann der Rechner vom USB-Stick aus unter Linux im sogenannten Live-Modus neu gestartet werden, erklärt Tonekaboni. Die Festplatte des Rechners wird im Live-Modus nicht beschrieben.

Wem Linux zusagt, kann es aus dem Live-Modus heraus auch als dauerhaftes Betriebssystem installieren – entweder als Ersatz für Windows oder parallel zu Windows. Im zweiten Fall fragt der Rechner dann immer nach dem Hochfahren, ob man Windows oder Linux starten möchte. Achtung: Vor einer Installation unbedingt Daten sichern.

4. Grund: Läuft gut auf älteren Rechnern

Während etwa Windows 11 sehr hohe Anforderungen an die Hardware stellt, ist Anspruchslosigkeit ein großer Vorteil von Linux. „Linux schenkt alten Rechnern gewissermaßen einen zweiten Frühling“, sagt Keywan Tonekaboni. Auch unterstütze Linux Komponenten deutlich länger: Ältere PCs oder Laptops, die unter Windows streiken, zicken oder lahmen, kann man unter Linux oft noch gut weiternutzen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Im Zweifel wird nach unten hin angepasst: Eine Linux-Distribution kann auch ohne leistungshungrige Teile zusammengestellt werden, erklärt Matthias Wellendorf. Beispiel: Ubuntu ist 2,9 GB groß, die Light-Version Lubuntu bringt es gerade mal auf 0,7 GB.

Linux und Gaming, funktioniert das?

„Die Lage für Gamer ist in den letzten Jahren deutlich besser geworden“, sagt Hubert Popiolek von der „Computer Bild“. Auf der Game-Plattform Steam gebe es beispielsweise viele Titel für Linux. Und: „Gibt es ein Spiel nicht offiziell für Linux, gibt es schnelle Software-Lösungen für die Anpassung.“

Insgesamt leide Linux-Gaming aber nach wie vor ein wenig unter dem Henne-Ei-Problem: „Entwickler scheuen den Extra-Aufwand, ihre Spiele für Linux anzupassen, weil es so wenige Linux-Gamer gibt“, erklärt Popiolek. „Und es gibt so wenige Linux-Gamer, weil viele Spiele nicht dafür gemacht sind.“

RND/dpa

Mehr aus Digital

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige