Microsoft-Cloud für Bund: Kritiker warnen vor "unüberwindbarer Abhängigkeit"

Die Bundesregierung erwägt den Aufbau einer eigenen Microsoft-Cloud – nun warnen Open-Source-Firmen und netzpolitische Vereine mit drastischen Worten davor.

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(Bild: Gorodenkoff/Shutterstock.com)

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Der von der Bundesregierung angedachte Aufbau einer Microsoft-Cloud für Behörden und Ministerien würde zu einer "gewaltigen, unüberwindbaren Abhängigkeit" von dem US-Konzern führen – so lautet die Warnung einer Allianz rund um die Open Source Business Alliance (OSBA). Unterzeichnet wurde das Papier unter anderem von Marina Weisband vom SPD-nahen netzpolitischen Verein D64, Ann Cathrin Riedel vom FDP-nahen Load e.V. sowie von Rafael Laguna de la Vera, Chef der Bundesagentur für Sprunginnovationen.

Sollte der Staat sich für das Microsoft-Konzept entscheiden, müsse er Zugeständnisse bei Datensicherheit und Unabhängigkeit machen, proprietäre Microsoft-Standards akzeptieren sowie "nahezu jeden aufgerufenen Preis" zahlen, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Papier weiter. Dies erkläre auch, warum Microsoft beim Aufbau der Cloud finanziell in Vorleistung gehen will.

Auch wenn ein deutsches Unternehmen die Rechenzentren für die angedachte Microsoft-Cloud betreiben würde, wäre dieses in Bezug auf die Software "vollständig von Microsoft abhängig", warnen die Kritiker. Weitere Abhängigkeiten könnten in Bezug auf Personal mit dem notwendigen Know-how sowie auf Hardware entstehen. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei Updates Hintertüren in die Software eingebaut werden: "Ein sogenannter 'Air-Gap' ist immer nur für kurze Zeit möglich, da dieser die Softwarewartung und damit die Gewährleistung der Informationssicherheit unterbricht."

Die Kritiker befürchten auch negative Auswirkungen auf die europäische Digitalindustrie. Es würden kontinuierlich erhebliche finanzielle Mittel an Microsoft und Microsoft-kompatible Anbieter fließen, "die dem europäischen Digitalisierungs-Ökosystem dauerhaft entzogen werden". Investitionen in europäische Cloud-Angebote würden unattraktiv bleiben und Monopole sich verfestigen.

Als Alternative zu einer Microsoft-Cloud verweist die OSBA auf Open-Source-Projekte wie "Phoenix" vom norddeutschen öffentlichen IT-Dienstleister Dataport. Es gebe auch andere erfolgreiche Beispiele für den Einsatz von Open Source in der Verwaltung, etwa bei der französischen Gendarmerie.

Zum Schluss weist die OSBA "verbreitete Vorurteile" gegen Open-Source-Software zurück, wie jenes, dass diese nicht dem Stand der Technik entspreche und teilweise schwer zu benutzen sei. Es gebe eine breite Basis von ausgereifter Open-Source-Software etwa in den Bereichen Mail, Groupware, Office und Videokonferenzen. "Eine Liste der gescheiterten Großprojekte mit proprietärer Software wäre übrigens sehr lang."

(cwo)