Mobilitätswende: Nach Gratis-ÖPNV baut Luxemburg weiter an neuen Angeboten

Luxemburg ist das erste Land mit einem kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr. Die Bilanz fällt trotz Corona gut aus, Gratis-"Öffis" bewirken ein Umdenken.

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Verkehr, Autos, Infrastruktur

(Bild: fuyu liu / shutterstock.com)

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  • dpa
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Der in Luxemburg zum 1. März eingeführte Gratis-ÖPNV hat das zweitkleinste Land der EU bei seiner geplanten Verkehrswende weit vorangebracht: "Der kostenlose Nahverkehr war der Hebel, um in Luxemburg eine echte Mobilitätsrevolution anzukurbeln", sagte Luxemburgs Mobilitätsminister François Bausch (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Natürlich habe die Corona-Pandemie anfängliche Rekord-Passagierzahlen in Tram, Zug und Bus zeitweise wieder ausgebremst. Es sei aber insgesamt ein neues Bewusstsein entstanden für eine andere Mobilität – die auf einen Mix aus Verkehrsmitteln setzt.

Beim Ausbau der "Öffis" sei A und O eine hohe Qualität der Angebote: "Ich stelle fest, dass in die Stadtbahn jetzt Leute einsteigen, die vorher nie in einen Bus gestiegen wären", sagte Bausch. Mit Milliarden-Investitionen unter anderem in Schiene und Tram will er bis 2025 rund 50 Prozent mehr Passagiere in öffentliche Verkehrsmittel locken. Wie viele andere Städte und Länder in Europa leidet Luxemburg unter vielen langen Staus im Berufsverkehr.

Das ist zum Beispiel so zwischen den beiden Wirtschaftszentren im Land – zwischen Luxemburg-Stadt und Esch im Süden, die rund 20 Kilometer auseinanderliegen. "Die Straßeninfrastruktur ist gnadenlos überlastet. Es gibt eine Autobahn, da fährt man in Spitzenzeiten mit Tempo 30", sagte der Minister. Statt eine neue Spur zu bauen, plant er "eine schnelle Stadtbahn", die letztlich den Flughafen über die Hauptstadt und die Uni bis nach Belval verbinden soll.

Zwischen Luxemburg-Stadt und Esch werde die Stadtbahn auf einer Strecke von rund zehn Kilometern bis zu 100 Kilometer pro Stunde schnell fahren. Zudem sei entlang der Route ein "Express-Fahrradweg" geplant. Und auf der Autobahn selbst werde die Pannenspur vergrößert, sodass in Spitzenstunden der Autoverkehr rechts fahren solle, damit zwei Spuren frei seien für Schnellbusse und Car-Sharing. "Es wird ein multimodaler Korridor."

Das Verkehrskonzept in Luxemburg sei nicht eins zu eins auf andere Länder übertragbar. Das Großherzogtum sei mit seinen rund 620.000 Einwohnern und 230.000 Pendlern aber ein urbaner Raum, der sehr wohl vergleichbar sei mit anderen Räumen. Daher gebe es auch ein weltweites Interesse an Luxemburgs Verkehrsstrategie.

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Nach Schätzungen der UNO würden in 2050 mehr als 70 Prozent der Menschheit in großen urbanen Räumen leben: "Da müssen wir die urbanen Räume ganz anders organisieren, vor allem in der Mobilität", sagte Bausch. "Wir haben in Luxemburg den ganzen öffentlichen Raum komplett umgestaltet, um den Menschen wieder mehr Raum zu geben und um wieder mehr Leben in die Stadt zu bringen." Das gelte auch mit Blick auf die Klimakrise.

"Wir möchten zeigen, dass Verkehrsplanung im 21. Jahrhundert wegkommt von dieser fixen Idee, dass wir Infrastrukturen bauen, um Autos oder Züge zu bewegen. Es geht immer darum, dass wir Menschen bewegen. Und deswegen muss man schauen, dass man immer Korridore entwickelt, in die man auch die ganze Mobilitätspalette einbezieht", sagte er.

Luxemburg hatte am 1. März dieses Jahres als erster Staat der Welt den öffentlichen Nahverkehr im gesamten Land für alle Nutzer kostenlos gemacht. Man braucht keine Fahrscheine mehr: einfach nur einsteigen und mitfahren. Der kostenfreie ÖPNV bedeutet für den Luxemburger Staat Mehrausgaben von 41 Millionen Euro im Jahr.

(tiw)