Es war wohl Zufall, dass Soeren Oliver Voigt an einem 15. Juni vor die Presse trat. Der Geschäftsführer des FCK verkündete, er habe am Morgen desselben Tages beim Amtsgericht Kaiserslautern einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung eingereicht. Auf den Tag genau vor 29 Jahren hatte der 1. FC Kaiserslautern einen seiner größten Erfolge gefeiert. Durch einen 6:2-Sieg in Köln gewann die damals von Kapitän Stefan Kuntz angeführte Mannschaft die deutsche Fußballmeisterschaft.

Mittlerweile spielt der FCK in der Dritten Liga. Der Club von Fritz und Ottmar Walter, den Nachkriegshelden aus der Pfalz, der Club von Miroslav Klose, Mario Basler, Andreas Brehme, Hans-Peter Briegel, Olaf Marschall. Der Club, dessen Stadion auf dem Betzenberg steht, der lange gefürchtetsten Anhöhe Fußballdeutschlands. Jahrelange Misswirtschaft, falsche Entscheidungen und sportlicher Misserfolg haben aus einem der traditionsreichsten und legendärsten Clubs des Landes einen Pleitekandidaten gemacht, der Gefahr läuft, ganz zu verschwinden. 2003 und 2008 konnte er die Insolvenz noch abwenden, in diesem Jahr nicht mehr.

Um zu verstehen, wie es zu diesem fast beispiellosen Abstieg kommen konnte, muss man lediglich fünf Jahre zurückschauen: Am 24. April 2015 gewinnt der damalige Zweitligist 1. FC Kaiserslautern beim VfL Bochum mit 2:0. Der Club ist drei Jahre nach dem Abstieg mit einem Bein zurück in der Bundesliga. Noch lange nach Abpfiff feiern die rund 2.500 mitgereisten Fans den vermeintlichen großen Schritt zum Aufstieg. Doch von den letzten vier Saisonspielen gewinnen die Pfälzer unter dem Trainer Kosta Runjaić kein einziges mehr und beenden die Saison nur auf dem vierten Platz.

Mit dem Wissen von heute hatte dieser fahrlässig verspielte Aufstieg immense Auswirkungen auf den Club. Nur in der Bundesliga hätte der angeschlagene FCK, der noch eine Menge Altlasten aus seiner Erstligazeit mit sich herumschleppte, anständig finanziell gesunden können. Statt vor ausverkauftem Haus gegen Bayern München und Borussia Dortmund spielte der Fritz-Walter-Club drei Jahre später aber gegen die Sportfreunde Lotte oder Sonnenhof Großaspach.

Doch der Reihe nach: Am Ende der besagten Saison müssen die Lautrer Leihspieler wie Kerem Demirbay, Amin Younes oder Kevin Stöger ziehen lassen. Die Identifikationsfigur im Tor, Tobias Sippel, muss gehen, weil sein Vertrag nicht verlängert wird. Schon damals wird Geld gebraucht. Die Eigengewächse Willi Orban oder Dominique Heintz wechseln deshalb in die Bundesliga und bringen rund vier Millionen Euro in die Kasse.

In den folgenden Jahren geht es für den viermaligen deutschen Meister sportlich wie finanziell steil bergab. Es tritt ein Muster zutage: Aus Geldnot musste Lautern seine besten Spieler regelmäßig zu anderen Clubs ziehen lassen. Die Neuen aber konnten das Niveau nicht halten, eine Rückkehr in die Bundesliga und damit zum großen Geld wurde Jahr für Jahr unwahrscheinlicher. Die Roten Teufel steckten selbst in einem Teufelskreis.

Durch den leichtfertig verspielten Aufstieg 2015 und die mangelnde Aufarbeitung ist die Stimmung im Umfeld des Vereins vom Beginn der neuen Saison an schlecht. Im September 2015 muss Runjaić gehen, kurze Zeit später ist auch Markus Schupp nicht mehr Sportdirektor. Der damalige Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, Konrad Fünfstück, übernimmt den Cheftrainerposten. Am Ende der Spielzeit 2015/16 steht aber nur ein zehnter Platz. 

Da ist auch der Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz schon einige Wochen Geschichte. Nach acht Jahren im Amt tritt Kuntz im April 2016 zurück. Kuntz verliert im Dezember 2015 mit Aufsichtsratschef Dieter Rombach einen seiner großen Fürsprecher. Rombach wird bei der Mitgliederversammlung förmlich vom Hof gejagt. Größter Kritikpunkt von Fans und Umfeld an Kuntz und Co: Von den sechs Millionen Euro der Betze-Anleihe I, für die die Fans ihr Erspartes gaben und die im Januar 2013 eigentlich für das Nachwuchsleistungszentrum aufgelegt worden war, ist ein Teil für das operative Tagesgeschäft verwendet worden, um dort Löcher zu stopfen.

Die endgültige Sicherung der Lizenz für die folgende Saison gelingt nur, weil der VfB Stuttgart die Ablösesumme für den Abwehrspieler Jean Zimmer schon etwas früher überweist. Der isländische Nationalspieler Jón Dadi Bödvarsson geht nach einer ansprechenden Europameisterschaft nach nur einem halben Jahr im FCK-Trikot für drei Millionen Euro nach England. Kuntz' Aufgaben übernehmen Thomas Gries als Marketingvorstand, Michael Klatt ist zukünftig für die Finanzen zuständig. Nachfolger von Schupp als Sportdirektor wird Uwe Stöver. Eine der ersten Amtshandlungen Stövers ist die Entlassung Fünfstücks.